Hannah (Name geändert) ist eine alleinerziehende Mutter mit einem Kind, das in die erste Klasse geht. Mit der Situation als Alleinerziehende ist sie völlig überfordert. Hannah fühlt sich in ihrer Situation sehr hilflos und macht sich Vorwürfe, als Mutter nicht gut genug zu sein. Weil ihr alles einfach zu viel ist.
Das ist wirklich ein unangenehmes Gefühl. Da finde ich es ein wirklich toller Weg von Hannah, sich die eigene Überforderung einzugestehen und sich Unterstützung und Begleitung zu holen!
In unserer online Familienberatung spürte ich bei ihr, wie gut es ihr tat, sich mit jemandem austauschen zu können, die wertfrei zuhören und sie wirklich in ihrer Not verstehen konnte.
In unserer Beratung ist es ihr wirklich deutlich geworden, welchen schweren Felsbrocken sie ganz alleine zu bewegen versucht. Zu erkennen, was sie als eine alleinerziehende Mutter alles auf die Reihe kriegen muss. Was das für eine riesige Aufgabe, was das für ein Vollzeitjob ist - 24 Stunden, 7 Tage die Woche lang Mutter. Das ist eine ganz schöne Packung!
Mir ist es immer total wichtig, Eltern in dem zu ermutigen und zu bestärken, was und wie sie es tun. Alle Eltern geben ihr Bestes. Was das Beste ist, hängt natürlich sehr von den Eltern ab: Das, was jeder geben kann, ist unterschiedlich. Deshalb wendeten wir den Fokus von dem ab, was sie alles an sich kritisierte, zu dem zu, was ihr schon alles richtig gut gelingt.
Es wurde relativ schnell klar, dass Hannah ein Bild der "perfekten Mutter" in sich trägt - eine Messlatte, die so hoch hängt, dass sie eigentlich daran nur scheitern kann. Es ist so wichtig, sich dieser Latte gewahr zu werden und sie dann bewusst nicht zu hoch zu hängen. Also mit sich selber gnädig zu sein und den Anspruch an Perfektion abzulegen. Sich davon zu befreien von diesem „Was man muss“ und „Was eine gute Mutter, ein guter Vater ist“.
„Es wurde relativ schnell klar, dass Hannah ein Bild der "perfekten Mutter" in sich trägt - eine Messlatte, die so hoch hängt, dass sie eigentlich daran nur scheitern kann. "
Kinder haben nur Chancen, etwas besser zu machen, wenn ihre Eltern auch Fehler machen. Perfekter Eltern sind ein Grauen!
Und auch ich übe immer noch daran, mit mir gnädig zu sein. Mir immer wieder zu sagen: Ok, ich bin einzigartig, aber eben nicht perfekt!
Ich darf mit meinem Kind auf der Coach sitzen und sagen: Wenn’s jetzt unsere gemütliche gemeinsame Zeit ist, weil ich keinen Tisch decken will, und das Kind auch keinen Tisch mehr decken will, dann ist das völlig in Ordnung. Es wird irgendwann einmal am Tisch sitzen und mit Messer und Gabel essen. Sich so etwas zu sagen, entspannt ungemein.
Das ist wie mit dem Wickeln, oder wie mit dem Schnuller, oder weiss ich nicht was… Ich kenne keine 10-jährigen Kinder, die mit dem Schnuller herum rennen. Irgendwann hört’s auf.
Aus meiner Praxiserfahrung kann ich den Tipp mitgeben, sich schöne Situationen aufzuschreiben - wo’s gut geklappt hat. Das mildert die Schwere des mit sich so kritisch seins und sich selbst so wenig annehmen können, wie frau in diesem Fall nun mal eben ist.
Und dann zu schauen: was macht mir Spaß an meinem Kind, worüber freue ich mich? Und auch dies aufzuschreiben. Und in Situationen, wo mein innerer Kritiker wieder sehr aktiv ist, sich diese Zettel anzuschauen und zu merken: Da gelingt mir wirklich viel - und es gibt so viele schöne Momente mit meinem Kind!
Für Hannah hat sich nach diesem entspannende Perspektivwechsel auch Möglichkeiten aufgetan, sich Unterstützung für ihren Alltag zu holen, die sie sich so vorher nicht erlaubt hätte.
Wir für deine Familie
Bild: iStock.com/fizkes
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